Was Du über Depression wissen solltest

1. So erkennst Du eine Depression bei Dir oder bei anderen Erwachsenen

Hauptsymptome

  • Antriebslosigkeit, Ermüdung (Du hast Schwierigkeiten damit Dich aufzuraffen, und/oder fühlst Dich schnell erschöpft)
  • Interessenverlust, Freudlosigkeit (Was Dir sonst Spaß gemacht hat, hat seinen Reiz verloren)
  • Gedrückte Stimmung (Du bist einfach nicht gut drauf. Auch wenn es mal schöne, oder lustige Momente gibt, bleibt Deine Grundstimmung niedergeschlagen)

Nebensymptome

  • Suizidalität, selbstschädigendes Verhalten
  • Niedriger Selbstwert
  • Schlafstörungen
  • Schuldgefühle
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Appetitlosigkeit
  • Hoffnungslosigkeit (pessimistische Zukunftsvorstellung), innere Leere

Die Symptome können sich also sowohl psychisch (Stimmung, Grübeln, Selbstwert, etc.) als auch körperlich (Appetit, Libidoverlust, Schlaf, innere Unruhe, etc.) äußern.

Sehr häufiges Begleitsymptom: Ängste

Bei der Depression wird zwischen drei Schweregraden unterschieden:

Eine leichte depressive Episode liegt vor, wenn mindestens 2 Haupt- und mindestens 2 Nebensymptome vorliegen. Die Betroffenen leiden unter den Symptomen, sind aber in der Lage, den Alltag weiter zu bewältigen.

Eine mittelgradige depressive Episode liegt vor, wenn mindestens 2 Haupt- und mindestens 3 Nebensymptome vorliegen. Die Betroffenen können nur mit Schwierigkeiten den Alltag bewältigen.

Eine schwere Episode liegt vor, wenn alle 3 Hauptsymptome und mindesten 4 Nebensymptome vorliegen. Die Betroffenen sind, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt dazu in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen.

Typische Denkmuster bei Depression:

„Ich kann nichts“

„ich mache alles falsch“

„Ich bin hässlich/dumm“

„Immer ist alles schwierig“

„Immer tauchen neue unüberwindbare Hindernisse auf“

„Es wird nie besser“

„Es wird immer so schwer sein“

2. So erkennst du eine Depression bei Deinem Kind

Die typischen Symptome hängen stark vom Alter ab, müssen aber auch hier mindesten zwei Wochen lang täglich vorliegen.

Kleinkinder 1-3 Jahre: häufiges weinen, starke Reizbarkeit, Teilnahmslosigkeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Entwicklungsstörungen

3-6 Jahre: Lustlosigkeit, geringer Antrieb, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Aggressivität, Ess-, Schlafstörungen, können manchmal schon selbst über Traurigkeit berichten

Schulkinder 6-12 Jahre: können selbst schon häufiger über Traurigkeit berichten, Konzentrations-, Gedächtnisprobleme, Angst vor der Zukunft, Rückzug, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, es können sogar bereits Selbstmordgedanken auftauchen

Jugendliche 13-18 Jahre: Ähnliche Symptome wie bei Erwachsenen, Stimmungsschwankungen, Verlust von Antrieb und Interessen, Konzentrationsprobleme, Zukunftsängste, geringes Selbstwertgefühl, sozialer Rückzug, psychosomatische Beschwerden, Schlafstörungen, auch hier können Suizidgedanken und sogar Suizidversuche vorkommen, Missbrauch von Alkohol und/oder Drogen

Depressionen bei Kindern treten seltener bei jüngeren Kindern auf, häufiger sind Jugendliche betroffen.

Häufig gehen Depressionen bei Kindern mit weiteren Störungen einher, vor allem mit Ängsten, Störungen des Sozialverhaltens, Alkoholmissbrauch, Essstörungen, Zwangsverhalten, AD(H)S.

Eine depressive Episode dauert bei Kindern und Jugendlichen meist kürzer und geht häufig vollständig zurück.

Behandlung: Absprache mit der Kinderärztin, oder dem Hausarzt, dort Überweisung holen zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Alternativ Familienberatungsstelle.

Für (größere) Kinder und Jugendliche selbst: Nummer gegen Kummer (auch als Chat verfügbar).

3. Welche Formen kann Depression haben?

In der Regel tritt eine Depression in „Episoden“ auf, das heißt, sie ist mal da, geht dann wieder weg, kann aber jederzeit wiederkommen. Eine Episode kann zwischen einigen Wochen bis über ein Jahr anhalten. Die Pausen zwischen den Episoden können extrem schwanken und zwischen wenigen Tagen und vielen Jahren betragen. Es kann auch bei einer einzigen Episode bleiben, dies ist allerdings selten.

Es gibt viele Varianten von Depression. Hier ein kleiner Auszug:

Die sogenannte Dysthymia tritt nicht in Episoden auf, sondern die Symptome sind durchgehend und meist über viele Jahre vorhanden, dafür aber nicht so ausgeprägt, wie bei den anderen Formen. Die Betroffenen sind in der Lage, die Anforderungen des alltäglichen Lebens zu erfüllen.

Die Wochenbettdepression tritt in den ersten 6 Wochen nach der Geburt eines Kindes bei Mutter oder Vater auf (!). Die Betroffenen fühlen sich häufig überfordert und haben das Gefühl, der Versorgung des Kindes nicht gewachsen zusein. Mögliche Symptome: Stimmungstief, Hoffnungslosigkeit, soziale Isolation, Selbstvernachlässigung, allgemeines Desinteresse an sich selbst, Familie und dem Baby.

Beim sogenannten Burnout handelt es sich um eine Form der Erschöpfungsdepression. Die Betroffenen brennen im wahrsten Sinne aus. Die Symptome können sehr vielfältig sein. Die eigenen Bedürfnisse werden vermehrt in den Hintergrund gestellt, es entstehen körperliche Begleiterscheinungen. Freie Tage oder mehrwöchige Urlaube reichen nicht mehr zur Erholung aus. Erhöhter gesellschaftlicher Leistungsdruck, sowie persönliche Wesenszüge wie Perfektionismus, Helfersyndrom und starker Ehrgeiz können die Entstehung begünstigen.

4. Welche Ursachen gibt es bei Depression?

Depression kann unterschiedliche Ursachen haben, unter anderem:

  • Genetische Disposition
  • Störung des Hirnstoffwechsels
  • Kritische Lebensereignisse (Verlust einer wichtigen Bezugsperson, Arbeitsplatzverlust, soziale Isolation z.B. durch Lockdown, etc.)
  • Dauerhafte Überbelastung
  • Gestörte biologische Rhythmen z.B. durch Schichtarbeit
  • Körperliche Erkrankungen oder Medikamente
  • Störungen in der kindlichen Entwicklung und Bindung

Die Ursachen einer Depression haben Auswirkungen darauf, ob eine Behandlung mit Medikamenten erforderlich ist.

Von einer exogenen Depression spricht man, wenn die Ursache aus dem außen kommt. Zum Beispiel dauerhafte Belastung, Traumata, etc. Bei dieser Ursache ist es in der Regel ausreichend, mit Psychotherapie zu behandeln. Allerdings kann es auch dazu kommen, dass sich (vor allem bei länger bestehenden Symptomen) der Hirnstoffwechsel verändert und eine medikamentöse Behandlung erforderlich wird.

Von einer endogenen Depression spricht man, wenn die Ursache im inneren liegt, also eine Störung des Hirnstoffwechsels vorliegt. Bei dieser Ursache ist es in der Regel nötig, mit Medikamenten zu behandeln. Auch Psychotherapie als Behandlungsmethode ist hier zusätzlich hilfreich, denn die Medikamente legen zwar im Gehirn die Grundlage für einen neuen Weg, dieser sollte aber positiv gestaltet werden, was bei depressiven Gedankenmustern oft schwerfallen kann. Hier kann Psychotherapie unterstützen.

5. Wo bekommst Du Hilfe als Betroffene*r oder Angehörige*r?

Hier findest Du Hilfe, wenn du den Verdacht hast, selbst an einer Depression zu leiden, oder jemanden kennst, der an einer Depression leidet:

Auf therapie.de findest du viele hilfreiche Infos und kannst einen (Selbst-)Test machen, der Dir einen Hinweis darauf geben kann, ob bei Dir eine Depression vorliegt. Außerdem kannst du auf der Seite direkt nach geeigneten Psychotherapeut*innen in Deiner Umgebung suchen.

Für eine Psychotherapie oder einen Termin beim Psychiater benötigst Du eine Überweisung Deiner Hausärztin. Am besten berätst Du Dich mit ihr, sie wird Dich dann an den Psychiater (für eine medikamentöse Behandlung) und/oder an eine*n Psychotherapeut*in (für eine Psychotherapie) überweisen.

Wenn es Dein Kind betrifft, wende dich vertrauensvoll an Euren Kinderarzt, oder Hausarzt, wenn das Kind schon größer ist. Er wird Dir sagen, was du weiter unternehmen kannst und Euch gegebenenfalls an eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin überweisen.

Du kannst auch erstmal zu einer Familienberatungsstelle in Deiner Stadt gehen. Zum Beispiel proFamila. Viele Beratungsstellen bieten sowohl Einzelhilfe, Selbsthilfegruppen, oder online Hilfe an.

Sorge auch für Dich selbst als Elternteil für Unterstützung. Es ist wichtig, dass Du gut auf Dich aufpasst, um Dein Kind bestmöglich unterstützen zu können!

Falls Du dringend Hilfe benötigst, wende Dich direkt an die Telefonseelsorge unter 0800-1110111 und 0800-1110222, oder per E-Mail und im Chat auf der Seite www.telefonseelsorge.de.

Kinder und Jugendliche finden schnelle Hilfe unter der Nummer 0800-1110333.

Weitere Hilfsangebote und Informationen findest Du unter www.deutsche-depressionshilfe.de

Falls Du Fragen hast, wende dich auch gerne an mich!

Depression ist die häufigste psychische Erkrankung. Jede*r dritte Mensch in Deutschland ist im Laufe seines Lebens davon betroffen. Frauen erkranken fast doppelt so häufig wie Männer an Depression. Du bist nicht allein. Du verdienst Hilfe!

6. Was kannst du selbst ganz konkret in Deinem Alltag tun?

  • Nimm Dir genügend Zeit für Pausen, um Dich zu erholen. In Deinem Alltag sollte (täglich) Platz sein für Dinge, die Du gerne tust und durch die Du auftanken kannst („Nahrung für die Seele“).
  • Setze Dir niedrige Tagesziele. So schaffst Du vielleicht mehr, als geplant und bist stolz auf Dich, als wenn Du Dich von vorneherein überforderst und nur daran scheitern kannst. Wenn Du Dein Ziel erreicht hast, gönne Dir eine Pause und zelebriere das erreichte Ziel. Wenn Du es nicht erreicht hast, versuche Dich nicht zu verurteilen. Überlege, ob Du das Ziel in mehrere kleine Ziele aufteilen kannst, die Du über mehrere Tage verteilen kannst und fange am nächsten Tag neu an.
  • Achte auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung, am besten an der frischen Luft
  • Mache es Dir so schön wie möglich, gestalte Dein Umfeld mit Bildern, dekoriere es nach Deinem Geschmack, oder wenn Du magst, verwende Düfte. Egal ob am Arbeitsplatz, zu Hause, im Auto, etc. schaffe Dir Orte, an denen Du Dich wohlfühlst.
  • Mach Dir bewusst: Du bist nicht Deine Gedanken. Du hast Gedanken. Versuche allzu strenge Gedanken wie „Ich kann nichts“, „Nie schaffe ich etwas“ zu ersetzen. Indem Du den kurzen Vorsatz „Ich habe den Gedanken, dass…“ voranstellst, bekommen harte Selbstverurteilungen einen milderen Beigeschmack. Probiere es mal aus: „Ich kann nichts“ vs. „Ich habe den Gedanken, dass ich nichts kann“. Was fühlt sich besser an? Übe das täglich mehrfach, wenn Du Dich bei einem niederschmetternden Gedanken erwischst.
  • Trainiere die hier genannten Übungen zwischen den depressiven Episoden. Wir fangen meistens erst an, uns Strategien zu überlegen, wenn wir schon mitten in der Krise stecken. Allerdings brauchen wir dann viel mehr Energie, um neue Handlungsweisen zu integrieren. Deshalb trainiere, wenn es Dir gut geht, damit Du auf ein gefestigtes Repertoire zurückgreifen kannst, wenn es Dir schlechter geht.
  • Übe Dich in Achtsamkeit. Lerne Dich selbst wahrzunehmen. Spüre mehrmals am Tag in Dich hinein und prüfe

1. Was macht mein Körper gerade? Wo bin ich angespannt, tut mir etwas weh, oder drückt es an einer Stelle? Fühle ich mich entspannt?

2. Was machen meine Gedanken? Wo leiten mich meine Gedanken hin, wenn ich sie frei fließen lasse? Kann ich überhaupt einen bestimmten Gedanken wahrnehmen, oder herrscht totales Chaos?

3. Was machen meine Gefühle? Welche Gefühle kann ich in mir wahrnehmen, wo spüre ich sie in meinem Körper? Kann ich ausreichend Gefühle nennen, die meinen Zustand beschreiben? (Kleiner Tipp: Wenn Du mehr Gefühle als die üblichen 5, die man so kennt, benennen können willst, schau mal in meinen Beitrag „Es geht mir gut“. Dort findest Du u.a. eine Gefühlsliste) Wichtig bei 1.-3.: Nicht beurteilen! Nimm einfach nur wahr, was da kommt. Alles darf sein, auch wenn es sich unangenehm anfühlt. Es ist wichtig aus der Selbstbewertung und Selbstverurteilung rauszukommen und zu lernen, sich selbst als neutralen Beobachter wahrzunehmen!

  • Mache Dir eine Notfallkiste voll mit Sachen, die Dich glücklich machen, z.B. Bilder Deiner Liebsten, oder Karten von schönen Urlauben. Fülle die Kiste außerdem mit Materialien für kreative Tätigkeiten, die Du gerne tust, wie Schreiben, Handlettering, Häkeln, Zeichnen. Du kannst auch eine Liste mit Beschäftigungen erstellen, bei denen Du auftanken kannst (z.B. Deine Lieblingsmusik hören, einen Waldspaziergang machen, ein Bad nehmen, Sport etc.). Wenn Du Dich nicht aufraffen kannst, diese Tätigkeiten auch auszuführen, dann stelle Dir vor, wie Du sie tust. Mit allen Sinnen. Schaue nicht nur in die Kiste, wenn es Dir schlecht geht, sondern täglich.
  • Strukturiere Deinen Alltag so gut wie möglich. Struktur gibt uns Halt und Orientierung. Vor allem in Krisenzeiten wirkt es beruhigend, wenn einige Dinge so weiterlaufen, wie immer. Schaffe Dir gerne auch kleine Tagesrituale. Zum Beispiel: Vor dem Schlafengehen Tagebuch schreiben, nach dem Aufstehen ein Glas Wasser trinken, oder dehnen, strecken, meditieren etc.
  • Unser Gehirn ist plastisch. Das ist gut, denn das bedeutet, dass negative Denkspiralen verändert werden können. Das geht, in dem Du bewusst den Fokus auf das Positive legst. Schreibe zum Beispiel jeden Abend auf, was am heutigen Tag gut war. Wenn Dir das sehr schwerfällt, fange mit einem Satz täglich an.
  • Hole dir Hilfe!