(K)ein besonderer Tag
Morgens 06:30h. Das Baby ist wach, will sich bewegen. Der Papa übernimmt, steht mit ihm auf. Bevor der Große sich den beiden anschließt, fragt er mich noch flüsternd: „Mama, Du hast heute Geburtstag, oder?“
Um 07:00h werde ich vom Wecker geweckt, mache ihn aus, schlafe nochmal ein, denke „sie werden mich bestimmt gleich wecken“. Um kurz nach acht werde ich wieder wach, fühle mich ausgeschlafen, stehe auf, gehe ins Esszimmer, dort freut sich das Baby mich zu sehen, der Große will mir sofort seine Geschenke in die Hand drücken, Papa sagt, „Oh Moment, du musst nochmal weggehen, wir müssen hier noch schnell was vorbereiten“. Es duftet nach Kuchen. Ich nehme das Baby mit zum Wickeln, während im Esszimmer Kerzen angezündet werden. Ich habe den Geburtstagsteller, der für alle Familienmitglieder genutzt wird, gestern Abend schon bereitgestellt, schön dekoriert und die passenden Zahlen eingefügt. 43. „Wie schön, dass Du geboren bist“ steht neben einem Regenbogen eingraviert im Holz.
Ich konnte mich entscheiden. Entweder ich dekoriere selbst, und zwar genau so, wie es mir gefällt, oder ich lasse mich vom Werk der anderen überraschen. Es frustriert mich nicht, das selbst vorbereitet zu haben. Immerhin ist es mir wichtig, mich selbst zu feiern. Zu fühlen, dass das stimmt „schön, dass ich geboren bin“.
Das Baby auf dem Arm, trete ich an den Tisch, es sind noch weitere Kerzen dazugekommen, ein Erdbeerkuchen steht daneben, mein Sohn und mein Mann singen drei Versionen von Happy Birthday. Das Baby und ich freuen uns. Dann kann der Große mir endlich seine Geschenke übergeben. Mir wird Kaffee gemacht und wir essen Kuchen zum Frühstück. Dem Baby dienen die Erdbeeren als Wurfgeschosse, uns anderen schmecken sie fantastisch.
Als der Große im Kindergarten ist, packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg in die Sauna. Ganz allein. Ich habe dreieinhalb Stunden. Entspannen, genießen, essen, lesen, schwitzen, entspannen, nappen, Salzpeeling, schwitzen, entspannen. Mit einem Vanille Milchshake to go fahre ich glücklich wieder nach Hause. Dort sind die wichtigsten Stellen von meinem Mann gesäubert und aufgeräumt worden, denn bald schon kommen ein paar Gäste zum Kaffee trinken. Endlich gibt es den leckeren Schokokuchen, der morgens schon so gut geduftet hat. Das Baby ist anhänglich, lässt sich aber auch auf Oma ein.
Als wir wieder allein sind, räumen wir auf, diskutieren über die kommenden Tage, Reisevorbereitungen für den Urlaub stehen an und müssen um Arbeit und Termine herumorganisiert werden. Wir versuchen die Kinder noch satt zu bekommen, noch etwas „Richtiges“ neben dem vielen Kuchen. Ins Bett geht es für sie später als sonst, dafür schlafen beide gut und schnell ein. Mein Mann und ich treffen uns nach Einschlafbegleitung und Aufräumen um 21:00h wieder, um den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen.
Wenn ich das bis hierhin geschriebene lese, klingt es wie ein super schöner Tag, viel Zeit für mich, viel Raum, um aufzutanken. Ich bin sehr dankbar für die ganze Unterstützung aller Beteiligten. Für die Bedingungen, die mir das alles ermöglichen. Trotzdem empfinde ich diesen Tag rückblickend weder als besonders, noch als erholsamer als sonst. In vielen Momenten, auch in denen, in denen ich mich eigentlich entspannen wollte, habe ich darüber nachgedacht, was noch ansteht, noch erledigt, noch besorgt werden muss, gehofft, dass das Baby nur ein bisschen fiebert, weil es wieder Zähne bekommt und kein Infekt kurz vor dem Urlaub ansteht. Überlegt, wofür ich mir im Urlaub mit dem Großen besonders Zeit nehmen möchte, ob die bestellten Klamotten noch rechtzeitig ankommen, wir die lange Fahrt gut überstehen, wer den Kater noch füttern könnte, ob das Auto durchhält. Ich habe mehrfach Essen vom Fußboden aufgehoben, Windeln gewechselt, Tränen getrocknet, Dinge geholt oder weggeräumt. Irgendwie also auch ein Tag wie jeder andere.
Ich finde die größte Herausforderung als Mama besteht darin, zu erkennen, was ich brauche um aufzutanken, dann die Stärke zu haben, das einzufordern, den Rückhalt zu bekommen, das auch umsetzen zu können und dann (fast die größte Herausforderung) während der sogenannten Me-time diese auch wirklich in vollem Umfang genießen und aufsaugen zu können. Im „Hier & Jetzt“ zu sein. Nicht bei Urlaubsplanung, Haushalt, Einschulung, Eingewöhnung, Infekt, Kater, oder, oder, oder.
Ich habe zumindest das meiste davon heute geschafft und bin stolz auf mich. Das nicht alles nach Plan läuft, ich nicht immer dann abschalten kann, wann es gut wäre, ist mittlerweile einkalkuliert und ich bin da gnädig mit mir. Trotzdem habe ich für mich gesorgt, vom Geburtstagsteller bis zum Salzpeeling. Und ich weiß um die Langfristigkeit der Wirkung von Selbstfürsorge und kann sie für mich nutzen, in dem ich den Tag nochmal Revue passieren lasse und mir die erlebte Entspannung gedanklich wieder ins Jetzt hole. Bei der Erinnerung an das Bad im Naturteich, an die weiche Haut nach dem Peeling, das wohlige Gefühl der Entspannung nach den Saunagängen, spüre ich, wie es in meinem Bauch kribbelt. Da ist das Gefühl, das ich brauche, um meinen Akku aufzuladen. Ein richtiger „Glimmer“-Moment. Funktioniert auch noch, wenn alles vorbei ist und wirkt mindestens genauso positiv auf mein (Nerven-)System wie das Erlebnis an sich. Lächelnd feiere ich mich und diesen Tag, der jetzt gerade zu Ende geht.